Roadtrip durch Norwegen -
von Kristiansand nach Tromsø
Wir reisen in ein Land mit viel Wildnis und Einsamkeit, aber auch mit gutem Zivilisationsanschluss und beschaulichen kleinen Städten.
Ab in den Norden
Sechs Wochen Norwegen mit dem Auto – das ist der Plan. Mitte Mai machen wir uns auf den Weg. Die Fähre vom dänischen Hirtshals zum norwegischen Kristiansand haben wir vorab gebucht. Sicher ist sicher. Als wir in der Autoschlange am Fähranleger stehen und sich der riesige Parkplatz immer mehr füllt, sind wir froh über die Reservierung. Bei der Abfahrt in Hirtshals ist es noch neblig, je weiter wir aber an die Küste Norwegens kommen, ändert sich das Wetter und es ist sonnig.
Viel Sonne und Wind im südlichsten Teil des Landes
Pünktlich nach 3 ½ Stunden fahren wir in Kristiansand von der Fähre. Die Vermieterin unserer Ferienwohnung in Feda hat sich bereits per Mail gemeldet. Die kommenden beiden Tage sind in Norwegen Feiertage und alle Geschäfte hätten geschlossen. Wir sollten uns unbedingt mit Vorräten eindecken, denn am Nationalfeiertag hätten auch Restaurants nicht unbedingt geöffnet! Gesagt, getan – im nächsten Supermarkt decken wir uns mit dem Nötigsten ein und fahren in die südlichste Stadt Norwegens – nach Mandal. Hier stehen über 650 denkmalgeschützte Holzhäuser und die futuristischen Adolph Tidemands Brücke.
Im Laufe des Nachmittags hat der Wind ganz schön an Fahrt aufgenommen, als wir am südlichsten Zipfel Norwegens ankommen, dem markante Leuchtturm Lindesnes. Er ist Norwegens ältestes Leuchtfeuer und der südlichste Punkt des Festlandes. Von hier sind es 2518 km bis zum Nordkap. Unsere Reise wird nicht bis zum Nordkap gehen, denn wir müssen mit unserem Auto auf dem Landweg auch wieder zurück. Tromsø, -ganz im Norden soll es aber werden.
Am späten Abend kommen wir in Feda an und beziehen unsere heimelige Ferienwohnung in einem alten Holzhaus. Vielleicht hat in diesem Haus einst ein Kapitän gewohnt, denn um 1700 zogen viele von ihnen mit ihren Familien in diesen Ort. Der Hafen ist sehr geschützt und bot den damaligen Kapitänen viel Platz und einen Blick aufs Wasser.
Weiter geht es am nächsten Morgen nach Stavanger. Wir haben Zeit und nehmen den längeren Weg auf der 44 – entlang der Küste. Der Wind ist geblieben, auch die Sonne, nur das Thermometer will nicht über 10 Grad steigen.
Im Jøssingfjord kommen wir an Helleren vorbei. Helleren bzw. „Hedlaren" – bildet ein natürliches Dach und bot den Menschen schon seit tausenden Jahren Schutz. Zwei kleine, einsame Häuser stehen unter diesem riesigen Felsvorsprung. Damit sind sie optimal vor Wind und Wetter geschützt. Die früheren Bewohner lebten hauptsächlich vom Fischfang und hielt wenig anspruchsvolle Haustiere wie zum Beispiel Schafe. Bis zum heutigen Tag steht hinter dem roten Haus direkt unter dem Felsen ein Eimer. In diesem sammelt man seit Jahrhunderten fortwährend Wassertropfen für durstige Reisende. Das Wasser entstammt aus einer Sickerquelle im Felsen.
Ganz Norwegen in Rot Weiß Blau
Die kleinen Orte sind prächtig herausgeputzt, genauso wie ihre Bewohner. Der 17. Mai zählt in Norwegen neben Hochzeiten, Taufen und Konfirmationen zu den Feiertagen, um sich in die traditionelle Nationaltracht »Bunad« zu werfen. Fast jede Region in Norwegen hat ihre eigene Version, sodass es im ganzen Land mehr als 400 Varianten gibt, die sich in Stil, Farben und Mustern unterscheiden. Unabhängig von Alter, Wohnort oder sozialem Status besitzt jede Norwegerin eine Bunad. Es ist mächtig was los, denn die Norweger feiern ihren Verfassungstag. Der 17. Mai hat die Funktion eines Nationalfeiertages. Die norwegische Flagge weht an diesem Tag überall: Teslas, Taxis und flauschige Haustiere werden genauso geschmückt wir der leckere Kuchen. Rot, weiß, blau – am Nationalfeiertag gibt es in Norwegen keine anderen Farben. Die Atmosphäre ist sehr offen und fröhlich und man verschlingt riesige Mengen Eis und Hot Dogs. Eigentlich trifft man nur fröhliche und gut gelaunte Menschen. Das ist ansteckend.
Stavanger, das schwarze Gold und der Preikestolen von unten
Wir sind in Stavanger angekommen. Gestern haben die Einwohner im Hafen in vollen Zügen noch ihren Verfassungstag gefeiert, heute liegen dort zwei riesige Kreuzfahrtschiffe und entladen ihre Passagiere. Allein die AIDA Nova kann über 5 000 Passagiere beherbergen.
Da wir früh auf den Beinen sind, haben wir die kleine Altstadt noch für uns. Die Gründung der als Gamle Stavanger bezeichneten Altstadt von Stavanger reicht in das Jahr 1125 zurück. Allerdings sind die etwa 170 weiße Holzhäuser, die heute das Zentrum der Altstadt bilden, aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Früher war es wohl üblich, bei einem Umzug sein eigenes Haus mitzunehmen. So standen mehrere Häuser ursprünglich an einem anderen Ort.
Die Wiedergeburt der Stadt erfolgte am Weihnachtsabend des Jahres 1969. Pünktlich zum Fest verkündete die amerikanische Ölfirma Phillips stolz, dass sie nach jahrelangen unbefriedigenden Bohrungen nunmehr fündig geworden sei: Ekofisk, Europas größtes Ölfeld war entdeckt worden, der Aufstieg Norwegens zum Großverdiener und der Ausbau Stavangers als Zentrum des Petroleumgeschäfts konnte beginnen. Früher verdienten sich die Menschen ihr Geld mit Fisch, heute gehört Stavanger zu den reichsten Städten Norwegens. Sie ist das Sprungbrett zu den Plattformen und Versorgungsbasis für die Tanker und Unterwasseranlagen vor der Küste. Norwegen selbst bezieht seine Energie aus nachhaltigen Quellen, vor allem Wasser- und Windkraft. Das geförderte Öl und Gas wird in die Welt exportiert und füllt so die Staatskassen.
Wir hatten vorab eine Bootstour von Stavanger aus auf dem Lysefjorden gebucht. Die Idee war, einen Fjord vom Wasser aus zu betrachten. So gut so schön. Warum aber letztendlich auf dem Boot die meisten Passagiere von der AIDA sind, bleibt uns ein Rätsel. Egal, auch wenn das Wetter nicht mitspielt und es ganz schön frisch ist – wir fahren 3 Stunden raus in den Fjord. Frische Luft soll ja guttun. Den berühmten, 600 m in die Höhe ragenden Preikestolen von unten zu sehen, ist schon beeindruckend. Von oben selber sieht das Ganze wahrscheinlich noch einmal spektakulärer aus, denn man kann dort von einem 25x25 m Felsplateau ungehindert, senkrecht in die Tiefe schauen. Ich würde mich noch nicht einmal auf allen vieren an den Rand wagen.
Tunnel, Frühling und meterhoch Schnee
Wir verlassen Stavanger Richtung Norden und fahren auf der 13 durch den Ryfylketunnel. Der Unterseetunnel ist 14,3 km lang und mit 292 muh. der derzeit tiefste und längste Straßentunnel der Welt. Auf unserer Tour werden wir wohl noch viele Tunnel durchfahren, aber vorerst sind wir schwer beeindruckt von diesem. Unser Ziel heute ist Røldal. Irgendwann müssen wir uns entscheiden, ob wir auf der 13 bleiben oder ob wir die Straße über Sauda auf der 520 nehmen. Wir entschließen uns für letztere Variante. Es geht auf einer kurvenreichen, zuerst noch recht breiten Straße Richtung Sauda, vorbei an schönen Landschaften, mit Obstbäumen in voller Blüte und Wasserfällen. Hinter Sauda wird es allerdings abenteuerlich, denn die Straße wird nun einspurig, obwohl wir Gegenverkehr haben. Irgendwann ist es dann auch soweit. Wir stehen einem Auto gegenüber und einer muss zurück. In diesem Fall sind wir das. Die beiden Motorradfahrer hinter uns, schaffen es gerade ebenso, um das entgegenkommende Auto zu fahren, denn bei ihren Motorrädern gibt es keinen Rückwärtsgang. Auf 600 m Höhe sehen wir kleine Schneefelder und auf 800 m wird es ganz verrückt. An beiden Seiten der Straße türmt sich der Schnee meterhoch. Gigantische Schneemassen säumen unseren Weg, wobei unser Blick immer nach oben gerichtet ist, in der Hoffnung, dass der Schnee dort bleibt wo er ist.
Hinein Ins Fjordland
Bereits um 5 Uhr gibt die Sonne alles und das wird auch heute so bleiben. Wir verlassen Røldal mit der schönen Stabkirche aus dem Jahr 1200 und fahren Richtung Bergen. Die Norweger nutzen die Feiertage mit dem verlängerten Wochenende ausgiebig. Alles ist auf den Beinen. Für unseren Weg nach Bergen haben wir uns eine Strecke ausgesucht, die um den Sørfjorden und den Hardangerfjord führt. Allerdings kommen wir nur langsam voran, denn es gibt immer was zu entdecken. Ein spektakulärer Wasserfall löst den anderen ab, an denen das Wasser den Steilhängen nur so herunter donnert. Da ist zum einen der spektakuläre Zwillingswasserfall Låtefossen mit einer Fallhöhe von 165 Metern zu erwähnen, genauso wie der Steinsdalsfossen. Hier können wir sogar auf der Rückseite des Wasserfalls entlanggehen, ohne nass zu werden. Dazwischen liegen wie hingepinselt kleine Dörfer mit bunten Häusern.
Dazwischen stehen immer wieder die Bäume der Obstplantagen in voller Blüte. Lange, helle Tage, kühle Sommernächte und minimaler Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sorgen in der Hardanger Region für bestes Obst. Irische Mönche haben im 900 Jahrhundert die Obstsetzlinge eingeführt. Die Bauernhöfe haben nur kleine Parzellen. Zusätzliche Einnahmequellen verschafft ihnen seit 2002 eine Änderung des Alkoholgesetztes. Seitdem ist es Privatleuten nämlich gestattet, Branntwein herzustellen. Gäste dürfen nun mit Selbstproduzierten bewirtet werden. Leider müssen wir verzichten, denn in Norwegen beträgt die Promille-Grenze 0,2 Promille. Wird man alkoholisiert am Steuer erwischt, kann man mit bis zu 1.200 Euro Strafe rechnen.
Ja, das ist ein Klo! Anderswo eifern Architekten um die Entwürfe für Museen oder Theater, in Norwegen darum, ein Toilettenhaus zu gestalten. Wir sind am Rastplatz Tyrvefjøra und entdecken den Eingang zur Toilette erst auf den zweiten Blick. Genauso geht es uns am Rastplatz Espenes. Zunächst sind wir begeistern vom einzigartigen Blick auf den Sørfjorden und die umliegenden Berge, erst dann erkennen wir, wo es auf das stille Örtchen geht.
In der Hauptstadt des Nordens - Bergen
Am späten Nachmittag kommen wir in Bergen an. Auch hier sind alle draußen und jeder Stuhl in den vielen Cafés und Restaurants der Altstadt ist besetzt. In der Innenstadt bringt ein lokales Fußballspiel hunderte von Fans beim Public public viewing in Wallung und im Hafen ist jede Yacht mit feierfreudigen Menschen belegt. Um 23 Uhr ist es immer noch nicht dunkel. Wir nähern uns der Zeit, wo in Skandinavien die Sonne nicht untergeht.
In Bergen bleiben wir 3 Nächte. Unsere Unterkunft ist inmitten der Stadt, so dass wir alles bestens zu Fuß erreichen. Unsere bisherigen Schlafmöglichkeiten befanden sich entweder in einem Appartement oder eine Ferienwohnung. Zugang bekamen wir, indem wir über SMS einen Code für den Schlüsselkasten des Zimmers erhielten oder eine Zahlenkombination, die uns den Eintritt ermöglichte oder der Schlüssel lag schlichtweg auf dem Türrahmen. In Bergen haben wir mal eine persönliche Ansprache und unser Auto muss in eine Parkgarage.
Im Hanseviertel Bryggen laufen wir an verschachtelten Kontoren vorbei und im Naturhafen Vagen an bunten Holzhäusern aus dem 18. Jahrhundert. Da das Wetter keine Wünsche offenlässt, fahren wir mit der Kabelbahn auf den Hausberg Fløyen und genießen einen fantastischen Blick auf Bergen.
Von gewaltigen Bauwerken in spektakulären Landschaften
Wir verlassen Bergen auf der E16. Gefühlt durchfahren wir heute alle Tunnel des Landes. Wir wissen nicht so recht, ob wir genervt sein oder staunen sollen. Es gibt unglaubliche Brückenbauwerke und absolut geniale Verkehrslösungen. Norwegen hat die schwierigste Topographie aller Länder Europas. Da reicht es wohl kaum, ein paar Wege zu asphaltieren und mal den einen oder anderen Fluss zu überqueren. Berge müssen durchbohrt, Mahlströme überwunden und breite Fjorde gekreuzt werden. Es verwundert uns daher nicht, dass Norwegen mit rund 1100 Straßentunnel und 800 Tunnelkilometer an zweiter Stelle liegt - gleich hinter Japan. Der Lærdalstunnel zwischen Aurland und Laerdal ist mit seinen 24,5 Kilometern der längste Straßentunnel der Welt. Er wurde im November 2000 nach 15 Jahren Bauzeit eingeweiht. An drei Stellen des Tunnels gibt es eine spezielle Beleuchtung sowie eine absichtlich leicht kurvige Streckenführung, um vor Ermüdung zu schützen und die Konzentration zu fördern. Trotzdem sind wir immer froh, wenn wir diese Tunnel wieder verlassen, denn bei einem Unfall kann der Weg nach draußen sehr lang sein.
Die schönere, kurvenreiche Aurlandsfjellet, die Fv243, ist gesperrt, so dass wir den Lærdalstunnel nehmen müssen, um weiter zu kommen. Bis zur elegant geformte Aussichtsplattform Stegastein - die in 650 Metern über dem Aurlandsfjord thront – dürfen wir aber fahren. Und was soll ich sagen – auch hier oben gibt es ein spezielles, stilles Örtchen, mit fantastischem Blick. Am späten Nachmittag kommen wir in unsere Unterkunft in Hermansverk an und können wider erwarten die Sonne am Sognefjorden genießen.
Am nächsten Morgen ist das schöne Wetter ganz vorbei. Für uns geht es trotz Regen und tiefhängender Wolken weiter. Eine beschauliche Alternative zu den Fernverkehrsstraßen ist die Fv 613 auf der Landschaftsroute Gaularfjellet mit vielen Haarnadelkurven. Am höchsten Punkt des Anstiegs befindet sich mal wieder mit dem Rastplatz Utsikten eine spektakuläre Aussichtsplattform. Die Straße folgt dem Gaularvassdraget, einem kraftvollen und wildem Gewässer. Wir kommen an einsamen Gehöften vorbei, die noch jetzt Ende Mai im Schnee liegen. Das Wetter bleibt dieses Mal auch an unser Übernachtungsort Nordfjordeid schlecht, aber mit beeindruckender Wolkenbildung.
Verschlungene Wege und stürmisches Wetter
Wir sind in dem 3 000 Einwohner zählende Ort Nordfjordeid angekommen. Nordfjordeid liegt zwischen spektakulären Bergen und Tälern, hügeligem Ackerland und einer dramatischen Küstenlinie. Hier erhebt sich Norwegens höchstes Gebirgsmassiv mit Europas größtem Festlandsgletscher, dem Jostedalsbreen. Unser Plan ist, die schöne, steile Hochgebirgsstrecke Geiranger – Trollstigen zu befahren. Es könnte also durchaus spektakulär werden, vorausgesetzt, das Wetter spielt mit. Und das tut es gerade mal nicht. In der Nacht hat es geschneit und die Straße ist gesperrt. Zu gefährlich, sagt der Besitzer unserer Unterkunft in Nordfjordeid. Vielleicht würde die zuständige Behörde die Straße gegen Mittag wieder frei geben, denn es warten viele Besucher darauf, die Straße zu befahren. Das Wetter am kommenden Morgen ist unerwartet sonnig, deshalb machen wir uns auf den Weg Richtung Stryn. Die Landschaft wird immer schöner und der dahin mäandernde Stryn Fluss schon mal ein Fotomotiv.
Gegen Mittag gibt es immer noch keine positive Nachricht zur Öffnung der Straße 63, so dass wir die 15 und die 60 Richtung Stranda nehmen. Das unerwartet schöne Wetter bleibt – zu unserer Freude - den ganzen Tag erhalten und führt uns zu wunderschönen Plätzen. In Stranda setzten wir mit der Fähre auf die andere Seite. Hier erfahren wir, dass wir nun den zweiten Teil der 63 befahren können – und damit über dem Trollstigen nach Åndalsnes kommen. Der Trollstigen ist eine alte Passstraße zwischen Åndalsnes und dem Valldal in Sunnmøre. Ein wichtiger Grund für die Verbindung über den Stega-Berg war ein großer, jährlicher Markt. Doch erst nach der Eröffnung 1936 wurde der Trollstigen zum beliebten Ziel für Besucher. Die elf Haarnadelkurven überwinden 405 Höhenmeter. Vorbei geht es am 320 m tieffallenden Stigfossen-Wasserfall und an majestätische Berge mit über 1.700 m. Jede einzelne Kurve des Trollstigen hat ihren eigenen Namen. Sie bezeichnen häufig den Vorarbeiter der Bautruppe, die die Kurve angelegt hat. Es waren Handwerker, die die Straße so auf den steilen Berghang gesetzt haben, dass man heute mit dem Auto darauf fahren kann. An einigen Stellen wurde die Straße in den Fels gehauen, an anderen wurde sie mit Steinmauern aufgebaut.
Glücklich kommen wir am Abend in Åndalsnes an. Wir haben Hoffnung, dass uns das Wetter auch am nächsten Tag wohl gesonnen ist, denn wir wollen die Atlantikstraße befahren. Die Atlantikstraße schwingt sich malerisch über sieben Brücken von Insel zu Insel. Besonders beeindruckend ist die Storseisundbrua, die größte Brücke der Strecke und gleichzeitig auch ihr Wahrzeichen. Von unten sieht sie aus, wie eine Sprungschanze. So eine malerische Location schreit gerade förmlich danach, in einem Film als Kulisse zu dienen. So auch bei der wilden Verfolgungsjagd im James Bond-Film „Keine Zeit zu sterben“. Harald hat derweil ganz andere Probleme. Um einen schönen Blick von oben zu bekommen, startet er seine Foto-Drohne, obwohl es sehr schön stürmisch ist. Die Drohne ist gut wieder gelandet und die Bilder zu unserer Freude im Kasten.
Es ist nicht immer eitel Sonnenschein – weiter nach Norden
In Åndalsnes haben wir ein kleines „Charlet“ auf einem Campingplatz reserviert. Auf den Bildern sieht das Ganze unglaublich romantisch aus. Die Temperaturen des Nachts liegen allerdings jetzt Ende Mai deutlich unter 10 Grad und das entzückende Charlet erweist sich als sehr zugig. Toilette und Dusche sind nachträglich angebaut und liegen deshalb fast im Freien. Eine Heizung gibt es nicht. Kurz entschlossen disponieren wir um, und nehmen das Schnäppchen des Grand Hotel in Åndalsnes sehr gern an.
Åndalsnes liegt im Herzen von Romsdalen. Romsdalen ist ein Zentrum des Bergsports in Norwegen und von imposanten Bergen umgeben. Darin eingekesseltem liegt die gigantische Trollwand. Sie ist mit rund 1700 Metern Europas höchste Steilwand und für viele Kletterer ein MUSS. Der senkrechte Teil der Wand ist fast 1000 Meter hoch. Im Jahr 1965 wurde die Trollwand zum ersten Mal bestiegen. Sie war lange Zeit beliebter Startplatz für Basejumper. Nach etlichen schweren Unfällen, auch mit Todesfolge, ist das Basejumping verboten. Jetzt ist die Trollwand mit dicken Wolken verhangen. Die Sicht ist so schlecht, dass wir noch nicht einmal die gesamte Wand erkennen können.
Wir lassen es derweil unspektakulär angehen und fahren mit der Raumabahn ins 100 km entfernte Dombås. Die Strecke wurde im Jahr 1924 eröffnet und führt durch das Romsdal, vorbei an hohen Bergmassiven und an wunderbaren Landschaften. Auf der Strecke gibt es auch eine Dampflokomotive, die immer dann eingesetzt wird, wenn Filmteams das wünschen. So geschehen 2009 für den Film „Harry Potter und der Halbblutprinz“ – allerdings zum Teil digital. Echt waren die Landschaftsaufnahmen Im Jahr 2020 für mehrere Actionszenen zu Mission Impossible 7 mit Tom Cruise. Wir fahren die Strecke mit einer ganz normalen Bahn, die hier täglich verkehrt.
Das Wetter in Norwegen ist unberechenbar – das wussten wir vorher. Auf der Weiterfahrt nach Trondheim erleben wir das ganze Programm. Wir nehmen die Route über Dombås – weiter auf der E6 nach Trondheim. Ab 600 Höhenmeter fängt es an zu schneien. Bäume und Sträucher sind auf 1000 Höhenmeter selten. Wenn ja, dann beginnen die Blätter sich ganz zaghaft zu entfalten. Es geht entlang den Dovrefjell-Sunndalsfjella-Nationalpark. Dieser Nationalpark ist das Reich der Moschusochsen. Für uns allerdings unsichtbar, denn es wird frostig und der Schnee nimmt zu. Einsame Bergdörfer liegen am Weg.
Trondheim
In Trondheim steigt die Temperatur zwar nicht über 12 Grad, die Sonne scheint dafür umso intensiver und lässt die bunten Lagerhäuser Bryggene an der Nidelva erstrahlen. Mittlerweile landet hier kein Schiff mehr an - die Häuser sind längst begehrte Wohnungen und Geschäftsgebäude. Über die „alte Stadtbrücke“ - der Gamle Bybroen - aus dem Jahre 1862 gelangen wir in den schönen Stadtteil Bakklandet. Der Stadtteil verfügt über Kunstgalerien, Cafés, Antiquitäten- und Designerläden, die hier dicht an dicht in den schönen alten Häusern untergebracht sind.
Für alle, die mit dem Rad berghoch zur Festung wollen, gibt es in Trondheim eine Aufstiegshilfe: der weltweit erste Fahrradlift. Wir vermuten, dass es ohne Geschick und ohnre ein wenig Anstrengung auch mit dem Fahrradlift nicht so einfach ist, den Berg hoch zu kommen. Die Beschreibung zum Lift erklärt, wie es geht: Man muss sein Rad dicht, aber nicht allzu dicht am Bordstein entlangführen. Der rechte Fuß steht dabei auf einer Platte, die mit einem unterirdischen Seilzug verbunden ist. Das Gewicht muss bei der Fahrt auf das rechte gestreckte Bein verlagert werden. Mit Hilfe der unterirdischen Schub-Technik wird der Radfahrende den Berg hinaufgeschoben, vorausgesetzt er hat alles richtig gemacht. Es sind zwar viel Radfahrer unterwegs, aber keiner nutzt diesen Lift. Viele haben hier mittlerweile auch E-Bikes und die schaffen es auch ohne Lift.
Der Nidarosdom in Trondheim gehört zu den bedeutendsten Kirchen in Norwegen, er gilt als Nationalheiligtum. Weil hier der Schrein von Olaf dem Heiligen hinter dem Hochaltar stand, trug der Dom auch den Beinamen „Herz Norwegens“. Der Bau ist gewaltig, sowohl von außen als auch von innen. Während seiner langen Geschichte haben Brände immer wieder den Dom in eine Ruine verwandelt. Mit dem Wiederaufbau hat man sich Zeit gelassen. Oft wusste man gar nicht mehr, wie die Statuen der Bischöfe, Heiligen und Könige einst ausgesehen haben, deshalb konnten Steinmetzte ihrer Fantasie freien Lauf lassen. So bekam der mit Flügeln versehe Erzengel Michael das Gesicht von Bob Dylan.
KYSTRIKSVEIEN- entlang der Küste Nordnorwegens
Wir lassen uns Zeit auf der KYSTRIKSVEIEN, der Küstenstraße zwischen Namsos und Bodø. Allein sechs Fähren liegen auf dieser Strecke. Deshalb haben wir auf dem Weg nach Bodø vier Übernachtungen eingeplant, bevor wir dort mit der Fähre auf die Lofoten übersetzten. Die Route verspricht landschaftlich schön zu werden – und wir werden den Polarkreis überschreiten. Von Trondheim geht es erst einmal, ohne Fährverbindung und mit viel Verkehr, auf der E6 Richtung Namsos. Hinter Steinkjer wird es auf der Fv17 sehr viel ruhiger. Noch gibt es hier keine spektakulären Landschaften, sondern satte, grüne Weiden.
Das Wetter hat sich auf plus 8 Grad eingependelt, als wir am nächsten Morgen nach Brønnøysund fahren. Sonne und Regen wechseln sich ab, auf über 500 Höhenmetern ist auch Schnee dabei. Auf einer Wiese entdecken wir Kraniche und nicht weit von einer Siedlung unseren ersten Elch. Weil er so bewegungslos dasteht, vermuten wir eine Attrappe. Dann aber setzt sich diese etwas zerzauste „Attrappe“ in Bewegung und verschwindet im nächsten Gebüsch. Die Landschaft ist auch hier mit Wasserfällen und Kunst gesäumt. Im Hafen von Brønnøysund sehen wir das erste Mal ein Schiff der Hurtigruten. Im Vergleich zu den AIDA Schiffen wirkt dieses gerade zu winzig. Etwas außerhalb der kleinen Stadt türmt sich der Torghatten auf, ein sagenumwobener Berg mit einem Loch in der Mitte. Das Loch hat gewaltige Ausmaße. Es ist 160 Meter lang und 35 Meter hoch. Dieses Loch wurde vor Tausenden von Jahren langsam vom Meer ausgehöhlt. Heute kaum vorstellbar, denn es befindet sich in luftiger Höhe.
Es geht weiter auf der Fv17 nach Kilboghavn. Die Strecke ist nur knapp 200 km lang, beinhaltet aber allein drei Fährfahrten. Die Kosten für eine Fähre sind vergleichsweise gering, auf einigen Strecken brauchen wir auch gar nichts zu zahlen. Genauso wie in den Parkhäusern, wird das Autokennzeichen gescannt. Entweder bezahlt man gleich, per Kreditkarte, oder man bekommt irgendwann eine Rechnung nach Hause geschickt. An den Tanksäulen gibt es niemanden mehr, der den Betrag kassiert. Bezahlt wird gleich an der Tanksäule, erst dann kommt Benzin aus dem Zapfhahn. Das Wetter bleibt wie es ist. In satten grünen Wiesen stehen junge Renntiere und ab 500 Höhenmetern wird es wieder ungemütlich. Die Fahrten durch die vielen Fjorde werden nicht langweilig.
Es wird 22, dann 23 Uhr und es wird gar nicht mehr dunkel, auch nicht um Mitternacht oder um 1 Uhr nachts. Zwischen 20. Mai und 22. Juli leuchtet nördlich des
Polarkreises die Sonne den ganzen Tag und die ganze Nacht. Dafür geht sie im Winter zwei Monate lang überhaupt nicht auf. Eine verrückte Situation, die unseren Biorhythmus etwas durcheinander
bringt.
Die Lofoten
Auf dem Weg nach Bodø haben wir bei einer Fährfahrt den Polarkreis überschritten und den in Saltstraumen die Möwen im stärkste Gezeitenstrom der Welt beobachtet. Nun sind Tag und Nacht gleich hell. Deshalb ist es eigentlich auch egal, ob die nach uns folgende Fähre auf die Lofoten mitten in der Nacht startet. Wir nehmen die Fähre am Vormittag und sind nach 3 ¼ Stunden planmäßig auf der Inselgruppe, um genau zu sein in Moskenes, ganz im Westen. Unser erster Übernachtungsplatz ist in einem kleinen Häuschen am Strand von Ramberg.
Der Weg dorthin ist mit riesigen Holzgestellen gesäumt, auf denen Fisch in der salzigen Luft trocknet. Bis in den Juni hinein bleibt der Kabeljau an den Holzgestellen. In keinem anderen Land der Welt sind die klimatischen Bedingungen für die Herstellung des Stockfischs so gut wie in Norwegen. Die Luft darf nicht zu trocken sein. Bei zu warmen Temperaturen kämen Fliegen und Maden, bei zu kühlen Temperaturen würde der Fisch gefrieren und nicht trocknen. Ein leichter, salzhaltiger Wind vom Meer liefert die besten Ergebnisse. Jedes Jahr werden 15 000 Tonnen Fisch zum Trocknen aufgehängt. Stockfisch ist der älteste Exportschlager Norwegens. Die wichtigsten Abnehmer sind Italien, Schweden, die USA und – wir glauben es kaum - Nigeria. Aber abgesehen von seiner langen Haltbarkeit ist Stockfisch auch eines der nährstoffreichsten Lebensmittel überhaupt. Er eignet sich daher sehr gut für Krisenzeiten. Während des Biafra-Krieges in den 1960er Jahren, wurde norwegischer Stockfisch als Notnahrung in Gebiete eingeflogen, in denen die Menschen protein- und nährstoffreiche Nahrung benötigten. Die Nigerianer wissen das wohl bis heute zu schätzen.
Die meisten Fischer kommen aus anderen Landesteilen Norwegens nur für die Fangzeit im Winter auf die Lofoten. Der Verdienst reicht dann für das ganze Jahr. Bei der Verarbeitung in den Häfen wird in drei Schichten rund um die Uhr gearbeitet. Früher waren die Fischer in den kleinen roten Hütten untergebracht. Jetzt werden die Fischerhütten in Ferienhäuser umgewandelt und die Fischer schlafen auf ihren Booten.
Die Landschaft ist fantastisch und nicht umsonst so gerühmt. Wir schauen in die Wettervorhersage, wann genau die Regenwolken kommen und wann sich die Sonne blicken lässt. Von 2 bis 3 Uhr am Morgen soll es eine Lücke geben, aber auch um 5 Uhr. Ein kurzer Blick um 2 Uhr verrät uns, dass Ganze verschiebt sich auf 5 Uhr. Allerdings ist es ganz schön windig und manchmal haben auch wir Probleme, uns auf den Beinen zu halten. Die 7 Grad fühlen sich dann wir Null Grad an.
Über 80% der Lofoten bestehen aus einer Gebirgskette mit stellenweise über 1200 Meter hohen, schafkantigen Gipfeln. Der Rest entfällt auf kleine Ebenen und einen schmalen Küstenstreifen, indem der Hauptteil der Bevölkerung lebt. Vorrangig sind die Ostseiten der Inseln besiedelt, da dort Wind und Seegang weniger stark ausfallen. Die größten der über 80 Inseln sind durch - manchmal sehr spektakuläre Brücken oder Tunnel miteinander verbunden. Ältere Straßen sind meist sehr schmal, so dass man meint, sich in einer Einbahnstraße zu befinden, wenn da nicht unerwartet in einer Kurve ein große LKW entgegenkommt. Gegen Mitternacht erleben wir, wie sich die Sonne über dem Horizont zeigt. Alle haben sich schnell etwas übergezogen und bestaunen dieses Phänomen am Strand von Ramberg.
Die nächsten zwei Nächte verbringen wir im gut 100 km entfernten Kabelvåg. Wir fahren auf der E10, machen aber auch einen Abstecher zu den Surfern in Unstad und zur Gimsøy kirke in Gimsøysand. An norwegischen Surf-Hotspots ist im Moment allerdings keiner auf seinem Brett. Die Surfenden sollen aus der ganzen Welt für dieses arktische Abenteuer kommen. Norwegen statt Hawaii? Und der Strand um die Kirche in Gimsøysand hat mit seinem türkisfarbenen Wasser auch schon einen tropischen Touch.
In Henningsvær, dem bekanntesten Fischerdorf der Lofoten, gibt es etwas Besonderes. Seid National Geographic ein spektakuläres Bild vom Fußballplatz des Ortes 2017 prämiert hat, gilt der Kunstrasenplatz der 500 Seelen Gemeinde als einer der schönsten Sportplätze der Welt. Wer hier auf dem Fußballplatz spielt, wird von salziger Seeluft und dem Duft der Stockfische umgeben und die Anfeuerungsrufe werden begleitet vom Kreischen der Möwen. Wer hat das schon zu bieten. Im Sommer kann der Platz wegen der Mitternachtssonne sogar rund um die Uhr genutzt werden. Henningsvaer ist nur 0,3 Quadratkilometer groß und verteilt sich auf mehrere Inselchen. Bevor der Fußballplatz gebaut wurde, war die kleine Dorfkirche das auffälligste Bauwerk und der Fischfang dominant. Das ändert sich zunehmend, denn die Besucher strömen nur zu gern in das Ort.
Die Vesterålen
Nach einem kompletten Regentag verlassen wir die Lofoten. Von Kabelvåg fahren wir auf der E10 Richtung Fiskebol und setzen mit einer Fähre nach Melbu über. Damit sind wir auf den Vesterålen angekommen. Die Inselgruppe über den Lofoten ist weniger bekannt, kann aber mit einer wunderbaren Landschaft punkten, zumal das Wetter sich nun von der besten Seite zeigt. Die Vesterålen werden auch als kleine Schwester der Lofoten genannt. Dabei sind sie viel größer als ihre legendären Nachbarinseln, weitläufiger, lieblicher und landschaftlich genauso spektakulär. Sie können mit imposanten Bergen, karibisch weißen Stränden und wilder Natur punkten. Die sechs Inseln sind durch Brücken verbunden. Die wenigen Bewohner der Vesterålen finden ihre Heimat rundum "fantastisk" und begegnen uns entspannt. Wir übernachten auf der nördlichsten Insel – auf Andøya, mit gezackten Bergen im Hintergrund und weißem Strand davor.
Senja
Weiter geht es per Fähre auf die Insel Senja. Sie ist die zweitgrößte Insel Norwegens und gehört zur Fylke Troms og Finnmark. Damit sind wir etwa 350 km nördlich des Polarkreises. Die Sommer sind hier kurz. Wir haben davon 2 Tage abbekommen und genießen die Landschaft bei 15 Grad und Sonne. Das nehmen die Norweger zum Anlass Shorts, T-Shirts und Sandalen raus zu holen. Nur wenige Busgruppen legen hier einen Zwischenstopp ein. Dafür haben die Camper diese Idylle für sich entdeckt. Wir bewegen uns auf der Landschaftsroute Senjas. Auf der schwebenden Aussichtsrampe Bergsbotn zücken wir unseren Fotoapparat, um die beeindruckende Rundumsicht auf Fjord und Fels festzuhalten. Kurve um Kurve windet sich die Route an der rauen Nordwestkante Senjas entlang. "Zähne des Teufels" werden die Gipfelspitzen der majestätischen Bergwelt auch genannt. Und das ist es wieder – die Kunst am Bau mit extravagantem Toilettenhaus. Dieses Mal glänzt ein goldenes Toilettenhaus am Rastplatz Ersfjordstrand in der Sonne. Das Häuschen ist mit Aluminiumschindeln umkleidet und verfügt sogar über eine Außendusche – für hart gesottene Badegäste, die nach kurzem Sprung ins kalte Nordmeer des Salzwassers loswerden möchten.
Husøy ist sowohl eine Schäre, als auch ein darauf befindliches Fischerdorf. Schon bei der Anfahrt haben wir einen fantastischen Blick auf den Fjord und das Dorf. Husøy wurde in den 1950er Jahren bevölkert, als eine Mehrheit der Dorfbewohner von Øyfjordvær, einer inzwischen aufgegebenen, nördlichen Siedlung im selben Fjord, beschloss, wegen der Vermeidung von Erdrutschen und einem kürzeren Weg zu den Fischgründen, von der sehr windigen Westseite des Fjords auf die drei Kilometer östlich befindliche Insel Husøy zu ziehen. Wir schlendern durch das 300 Bewohner zählende Örtchen und kommen an einem Garten mit Plamen vorbei. Der Bruder des Gartenbesitzers merkt unsere Neugier und lädt uns ein, den Garten näher zu bestaunen. In zwei kleinen Brunnen sprudelt das Wasser, drei Apfelbäume fangen an zu blühen, Erdbeerpflanzen gedeihen in Kübeln, genauso wie einige Palmen. Alles kommt im Winter natürlich in das beheizte Glashaus. Und eigentlich wird es hier gar nicht so kalt, berichtet der Norweger. Maximal – 10 Grad. Vor allem in den Monaten Januar bis März schneit es hier. Weiter im Landesinneren wäre es natürlich viel kälter und auch schneereicher.
Tromsø – unser nördlichster Punkt
Wir verlassen Senja wieder per Fähre. Gekommen waren wir von Andenes auf den Vesterålen. Hier hatten wir die Fähre nach Gryllefjord genommen. Als wir von Andenes abfahren, war die Fähre fast leer. In Gryllefjord sah das Ganze schon anders aus. Eine sehr lange Autoschlange stand vor dem Fähranleger. Wir sind uns sicher – alle sind nicht mitgekommen. Die nächste Fähre sollte erst wieder am späten Nachmittag gehen. Der Andrang resultiert sicher daher, dass sich viele den weiten Weg in den Norden mit dem eigenen Auto sparen, mit dem Flugzeug nach Tromsø fliegen und sich dort ein Auto mieten. Möchte man dann die schöne Küstenstraße nutzen, muss man die uns entgegensetzte Route wählen. Ähnlich sieht die Situation aus, als wir die Insel Senja verlassen. Die Autos, die von Botnhamn nach Brensholmen mitwollen, sind überschaubar. Auf der anderen Seite gibt es wieder eine Autoschlange.
Gleich hinter dem Fähranleger von Brensholmen fahren wir auf die Insel Sommarøy. Sie ist über eine Brücke mit Kvaløya verbunden. Die Insel mit seinen etwa 300 Einwohnern hat nicht nur einen nach Urlaub klingenden Namen – sie kann auch mit weißem Sand und einem türkisfarbenen Meer aufwarten, das man eher in der Karibik vermutet hätte. Die Wassertemperaturen bleiben allerdings nordnorwegisch. Für Schlagzeilen sorgte die kleine Insel, als die Nachricht auftauchte, die Bewohner hätten eine Petition gestartet, um als "erste zeitfreie Zone der Erde" anerkannt zu werden, denn die Sonne geht ja hier knapp 70 Tage lang nicht unter. Das würde dazu führen, dass Kinder auch mitten in der Nacht draußen spielten und Hausbesitzer ihre Fassaden auch mal nachts strichen. Angebliches Fazit der Insulaner: Auf Sommarøy braucht es keine Uhren, die Zeit könne also abgeschafft werden. Kurze Zeit später stellte sich aber heraus, dass dies im Wesentlichen eine PR-Aktion der nationalen Tourismusbehörde war. Ganz schön clever - diese Norweger!
Am Nachmittag kommen wir in Tromsø an. Die Stadt hatten wir bereits Ende Februar/ Anfang März im kalten Winter mit viel Schnee besucht. Nun liegt nur noch auf den umliegenden, über 1000 m hohen Gipfeln Schnee. Unseren ausgiebigen Stadtbummel beenden wir in den Ølhallen. Die Ølhall preist sich als die nördlichste Brauerei der Welt an. Allerdings gibt es mittlerweile auf Spitzbergen einen Ableger dieser Brauerei. Irgendwann vor 100 Jahren hat ein Deutscher diese Brauerei gegründet. Die Bierkneipe serviert norwegisches Qualitätsbier aus 72 Zapfhähnen. Wir bestellen eine Auswahl von 5 unterschiedlichen Bieren, a´0,17 ml und kosten damit einen kleinen Teil des Sortiments durch. Resultat - das Bier kann man trinken.
Narvik – es geht wieder in den Süden
Wir verabschieden uns von Tromsø und fahren auf der Arctic Route ins ca. 240 km entfernten Narvik. Die Temperaturen werden, selbst hier im Norden, höher und liegen nun bei bis zu 16 Grad, vorausgesetzt die Sonne scheint. Wer nicht mit der Fähre auf die Lofoten fährt, kommt auf jeden Fall durch diese Stadt, denn die E6 geht direkt durch Narvik. Auf den ersten Blick ist Narvik nicht schön. Bedeutung erlangte der Ort durch seinen Hafen - wichtig für die Verschiffung von Eisenerz aus dem nahen schwedischen Kiruna. Für die deutsche Kriegsindustrie war dieses Eisenerz von strategischer Bedeutung und damit Narvik mitten im Zweiten Weltkrieg. Am Ende wurde die Stadt von deutschen Bomberflugzeugen dem Erdboden gleichgemacht. Es war die größte Schlacht auf norwegischem Boden. Heute sieht man auf den ersten Blick nichts mehr davon. Wenn man genau hinschaut, erkennt man aber den einen oder anderen Hinweis. So befindet sich in Evenes die Anlage Evenestangen. Die Anlage bestand aus unterschiedlichen Verteidigungseinrichtungen. Daneben wurde 1955 zum Gedenken eine Steinkirche erbaut. Pünktlich um 12 Uhr am 14.06.23 werden wir dann noch von einem heulenden Warnton auf unserem Handy hochgeschreckt. Norwegen testet gerade sein neues Notwarnsystem. Bei uns hat es schon mal funktioniert. Obwohl wir vorab von einer Freundin informiert wurden, zucken wir doch erst einmal zusammen.
Narvik ist in die Landschaft der Ofoten eingebettet. Sie ist von hohen Bergen, vereinzelten Siedlungen und Fischerdörfer umgeben. Auch in dieser entlegenen Ecke Norwegens gibt es Kunst, wie die Skulptur "Kallio". Kallio ist Finnisch und bedeutet Berg oder Klippe. Die runde, ornamentreiche Skulptur am Ufer ist Teil des Projekts Sculpture Landscape Nordland. Gemeinden konnten sich für dieses Projekt bewerben und Tjeldsund wurde berücksichtigt.
Weiter geht es auf der E6 Richtung Süden. Norwegen ist mit 1752 km das längste Land des europäischen Kontinents. Dafür ist die West-Ost-Erstreckung mit gerade einmal 430 km an der breitesten und 6,3 km an der schmalsten Stelle vergleichsweise gering. Wir fahren gerade durch die schmalste Stelle des Landes. Die E 6 führt durch die Hochebene Saltfjellet. Parallel zur Straße verläuft eine Eisenbahnstrecke und gleich daneben der Gebirgsfluss Luonosjåhkå. Immer mal wieder können Wanderer über eine Hängebrücke den reißenden Fluss überqueren. Den höchsten Punkt erreichen Bahn und Straße am Polarkreis auf 750 m. Der Rastplatz dort ist nicht nur für uns ein „Pflichtmotiven“, zumal das Wetter das Beste gibt.
In Straumen verabschieden wir uns von Norwegen
Nach Narwik, Fauske und Mo i Rana verabschieden wir uns mit dem Ort Straumen von Norwegen. Von hier aus wollen wir in 4 Tage bis ins schwedische Trelleborg kommen, um dort die Nacht-Fähre nach Travemünde zu nehmen. Schon in Mo i Rana klettert das Thermometer auf über 20 Grad. Unerschrockene Norweger haben im Ranfjords die Badesaison eingeläutet und stürzten sich vergnügt ins Wasser und die Blues-Freunde der Stadt genießen ihre kleine Open Air Veranstaltung bei sommerlichen Temperaturen.
Bevor wir auf der E6 weiter Richtung Süden fahren, besuchen wir noch den Ort Mosjøen. Mosjøen, die älteste Stadt Helgelands, liegt am Fuße des Øyfjellet, wo die Flüsse Vefsna und Skjerva zusammenfließen und in den Vefsnfjord münden. Die Sjøgata – „Seestraße“ wird von einer der längsten alten Holzhäuserreihen Europas gesäumt. Wir sind früh da und haben die Straße mit den über 100 Holzhäusern aus dem 19. Jahrhundert ganz für uns allein. Nach dem Besuch der Stadt verlassen wir den Bezirk Nord Norge.
Unsere dicken Sachen verschwinden ganz schnell im Koffer als wir bei 30 Grad in Straumen ankommen. Shorts und Sandalen sind angesagt. In dem kleinen Ort haben wir eine Unterkunft in einem historischen Haus mit wunderbarem Garten gefunden. Hier sitzen wir am Abend noch lange draußen. Zum einen ist es angenehm warm und zum anderen wird es ja nicht dunkel - Mücken gibt es auch nicht. Das Strømnes - oldefars gjestehus gehört Margarete Uddu. Eigentlich kommt sie aus dem IT-Bereich und Software-Entwicklung. Als Kind verbrachte sie oft die Sommerferien in Straumen, erzählt sie. Irgendwann hat sie sich an die schönen Zeiten hier wieder erinnert und dieses Haus zu einem Gästehaus umgebaut, damit auch andere davon profitieren. Die Gästezimmer wirken wie aus einer Astrid Lindgren Verfilmung – und tatsächlich wurden einige Aufnahmen für Pippi Langstrumpf nicht weit von hier gedreht, wie Margarete Uddu begeistert erzählt. Das Frühstück ist ein Gedicht mit regionalen Produkten, wie Käse und Fisch, selbst hergestellte Konfitüre und Brötchen. Und der Kaffee kommt unter die Haube – so wie früher.
Von hier aus sind es nur ca. 50 km bis zur Norwegisch-Schwedischen Grenze. Damit haben wir gute 6.000 km hinter uns gelassen, gefühlt 200 Tunnel durchfahren, ungezählte Brücken überfahren und duzende Fähren genommen. Die vielen engen Straßenwindungen, die faszinierenden Brücken und der längste Tunnel der Welt werden uns immer in unserer Erinnerung bleiben. Dabei war uns folgende Webseite eine große Hilfe: https://dit.vegvesen.no/
Was werden wir an Norwegen vermissen: Auf jeden Fall die sehr entspannten Menschen, die immer freundliche sind und nie schlechte Laune haben, auch wenn es mal kribbelig wird. Unvergessen bleibt auch die wunderbare, abwechslungsreiche Landschaft, die sich selbst noch so bei schlechtem Wetter in Szene setzt.
Ha det bra - Macht's gut
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Burkhard Hußmann (Mittwoch, 17 Mai 2023 23:29)
Na, da habt ihr ja Glück mit dem Wetter. Tolle Bilder, bin gespannt auf Weitere.
Anke (Mittwoch, 17 Mai 2023 23:36)
Das geht ja gut los. Bestes Wetter und das wichtigste Fest der Norweger. Wie immer sehr informativ geschrieben und gut fotografiert.
Tolle erste Eindrücke.
Roswitha Liebig (Donnerstag, 18 Mai 2023 05:52)
Wie schön, von euch zu hören. Das sind ja wieder fantastische Bilder. Vielen Dank, dass ich euch erneut auf eine eurer tollen Reisen begleiten darf.
Heidrun Bellack (Donnerstag, 18 Mai 2023 07:28)
Danke für den Blog. So kann ich wieder mitreisen und Norwegen kennenlernen!
Renate Rasch (Donnerstag, 18 Mai 2023 08:21)
Tolle Bilder und guter Text, wie von euch gewohnt. Vielen Dank, habt noch eine schöne Zeit.
Hanne + Reinhard (Donnerstag, 18 Mai 2023 08:51)
Tolle Fotos und wunderbare Eindrücke von einem vielfältigen Land. Herzlichen Dank, dass wir daran teilnehmen durften.
Heinz u.Erika Ringe (Donnerstag, 18 Mai 2023 09:10)
Nur 10' hier sind es 1' um 9 Uhr.Sicher die Heilige Sophie, die letzte der Eisheiligen.Es freut uns, dass ihr es so schön und malerisch getroffen habt. Ihr Lieben Zwei,weiter so , gute Tage in einem wunderschönem Land.Aber hier kommt jetzt auch die Sonne. Herzlich Heinz &Erika
Lonie (Donnerstag, 18 Mai 2023 09:52)
Da wir auch am 15.6.23 nach Norwegen fahren, sind wir für weitere Bilder und Infos sehr dankbar. Noch eine schöne Zeit und tolle Eindrücke. LG lonie
Rosita� (Samstag, 20 Mai 2023 17:33)
Freue mich auf weitere Berichte, mal was anderes...als immer Palmen��schicke Euch die Sonne...obwohl heute ist es auch bedeckt...gut für die liegen gebliebene Garten Arbeit�alles liebe Euch... Ro.
Steffi (Sonntag, 21 Mai 2023 13:45)
Wunderschöne Bilder habt Ihr mal wieder gemacht! Mein Favorit: Holzhaus mit Blumen davor und Aida dahinter� Wünsch‘ Euch weiterhin eine tolle, erlebnisreiche Tour und freu‘ mich auf die Fortsetzung Eures Reiseberichts! LG aus dem sonnigen Arnum, Steffi
Anke (Montag, 22 Mai 2023 09:20)
Hallo Ihr Lieben, ihr erlebt Norwegen im Moment von seiner besten Seite und wir können teilnehmen. Eure Fotos und der Bericht machen riesig Lust Norwegen selbst zu entdecken. Ich freue mich auf die Fortsetzung.
Burkhard (Montag, 22 Mai 2023 17:51)
Die „stillen Orte“ haben mich beeindruckt!�♂️
Ursel (Montag, 22 Mai 2023 19:10)
Hallo ihr beiden, imposantes Land, fantastische Natur und klasse Aufnahmen und Berichte.
Udo (Dienstag, 23 Mai 2023 08:13)
Noch vor einiger Zeit hat es euch bei Gedanken an Reisen nördlich von Devese noch geschüttelt. Jetzt belegen aber eure Berichte und Aufnahmen erneut, wie begeistert und wohl auch zufrieden ihr mit der Entdeckung nördlicher Gefilde seid. Ich freue mich auf weiteres.
RINGE (Mittwoch, 24 Mai 2023 09:24)
Viele Erinnerungen gerade an Bergen, vom Prekestolen- zu Fuß erklommen, trägt Heinz Bilder seit dem in s.Brieftasche. Schön - genießt weiter! H&E
Agnes (Donnerstag, 25 Mai 2023 15:50)
Sehr schöne Bilder. Ich kann mich auch erinnern das die vielen Tunnel und Kurven recht anstrengend sind. Die Ausblicke dann aber um so schöner. Hoffe ihr habt bald besseres Wetter.
Viele Grüße und weiterhin unfallfreie Fahrt!
Agnes
Anke (Samstag, 27 Mai 2023 21:46)
Super schöne Bilder. Toll, dass ihr den Trollstigen doch noch fahren konntet.
RINGE (Montag, 29 Mai 2023 18:31)
Es ist und bleibt ja wirklich immer schöner,
höre euch schon sagen"unsere schönste Reise"
Ganz liebe Grüße in den hohen Norden!
Heinz und Erika
Anke (Samstag, 03 Juni 2023 20:30)
Hallo ihr ihr beiden, für euch ist das regnerische Wetter ja nicht so schön, für mich als Betrachter der Bilder kann ich nur sagen, es spiegelt die wilde Natur Norwegens wunderbar wieder. Danke für die tollen Aufnahmen und den schönen Reisebericht.
Irmhild (Samstag, 10 Juni 2023 22:25)
Ihr Lieben, auf dieser Reise seid Ihr aber besonders fleißig. Fotos und Reiseberichte sind wirklich schön und interessant beschrieben.
Wir wünschen Euch, dass das Wetter weiterhin so schön bleibt und Ihr einen schönen Mitsommer feiern könnt.
Liebe Grüße von Helmuth und Irmhild
Agnes (Dienstag, 13 Juni 2023 20:35)
Am 1. Januar 2016 waren wir im Polarmuseum in Tromsö. Eins der wenigen was Neujahr geöffnet hatte. Wir waren erstaunt, wie früher Eisbären teilweise erlegt wurden. Von der schönen Gegend war wenig zu sehen. Statt immer Licht wie bei euch jetzt, war es immer Dunkel.
Gute Rückreise und weiterhin so tolle Fotos.
VG Agnes
Heike (Donnerstag, 22 Juni 2023 07:13)
Danke für den wunderbaren Reisebericht und die eindrucksvollen Fotos. Norwegen ist wirklich ein sehr schönes Land. Für mich war auch interessant, dass man nicht unbedingt mit dem Wohnwagen die Strecke machen muss. Eine entspannte Weiterfahrt und gutes ankommen zu Hause. Liebe Grüße von Heike und Andreas
Rosita� (Dienstag, 04 Juli 2023 21:43)
Danke.�..mir fehlen die Worte, ich werde es öfters lesen...vor allem die Fotos, toll..einfach eine tolle Reise habt Ihr gemacht...danke es freut mich sehr..Eure Ro., bleibt mir gesund�
Marianne Aurich (Freitag, 22 September 2023 23:08)
Hallo ihr Zwei, ich bin das erste mal auf eurer Seite. Ganz toller Reisebericht mit sehr schönen Bildern. Ich hatte das Gefühl dabei zu sein, danke!